domenica 31 ottobre 2010

Kurze Betrachtungen über die Niedertracht des Sizilianers

Zunächst versuche ich eventuelle Kritiken vorzubeugen, indem ich klarstelle, dass ich keinen ordinären Verallgemeinerungen verfallen, sondern einfach nur allgemeine und notwendige Urteile formulieren will, und dass ich keineswegs die Wichtigkeit des sizilianischen Volkes unter allen, die existieren, unterschätze, aber vielmehr fähig bin, in ihm einen ausgezeichneten Spiegel aller bedeutendsten menschlichen Tugenden, der gerade aufgrund seiner erstaunlichen reflektierenden Wirkung vermag, diese Eigenschaften noch bemerkenswerter zu machen, zu sehen.

Kommen wir zur Sache: wie kann man sich nicht klar darüber werden, wie allein der Mensch in unserer Gesellschaft ist? Jemand, der gewiss zu den törichtesten unter meinen Lesern zählt, wird einwenden, dass bei uns noch einige Spuren gesellschaftlicher Organizität, die imstande ist, die Einzelnen durch die Einrichtungen der Familie, der Kirche, der dörflichen Gemeinschaft vor der gesellschaftlichen Atomisierung zu bewahren, fortlebt, aber wie kann man nicht bemerken, dass das Individuum eben innerhalb dieser Einrichtungen nichts ist? Diejenigen, die innerhalb einer Familie nach einer gewissen Form der Freiheit streben, die nicht darin besteht, das lautere Beschwindeln aller, die nicht der eigenen Familie angehören, werden einmal der Dummheit, ein andermal der Bosheit und Selbstsucht bezichtigt. Alle eilen herbei, um die aufrührerische Regung des armen, Selbständigkeit und Würdigkeit beanspruchenden Unglücklichen zu unterdrücken – mit noch mehr Wildheit, wenn es sich um ein Verlangen nach einer seelischen und geistigen Befreiung handelt. Ja soll man unterstreichen, dass sich die engherzige Heimtücke der Familienfrauen gerade in diesen nur scheinbar weniger dramatischen Fällen auf den Unglückseligen stürzt, um zu versuchen, ihn sich vor seiner eigenen mutmaßlichen Unmenschlichkeit schämen zu lassen, indem sie sich auf die heiligen Unwerte der Mutterliebe, der religiösen Frömmigkeit und der gemeinsamen Zugehörigkeit zu einer Herde berufen. Außerhalb einer Familie ist man nichts; man ist nur fremdes Eigentum: wer eine Person nicht kennt, fragt nicht “wer ist er”, sondern “wem gehört er?”

Der Kirche Böses nachsagen, wäre so einfach, wie nach dem Roten Kreuz zu schießen, und anderseits verlasse ich mich auf den schon befriedigenden Stand von Gottlosigkeit meiner Leser, deswegen füge ich darüber nichts hinzu. Von der dörflichen Gemeinschaft kann man bloß möglichst schlecht sagen: man ist ein guter Mensch nur, wenn man Unrecht begeht oder wenn man erleidet, ohne Aufsehen zu erregen; sonst versetzt man alle anderen in Verlegenheit, die zwar mutlos sind, aber keine Absicht haben, sich weniger als mittelmäßig zu fühlen, einfach nur weil sie erleiden, ohne zu reagieren. Am wichtigsten ist es selbstverständlich, sich an das gesellschaftlich geteilte Gefühl, das mit dem Bauch, zuweilen gar mit dem Afterschließmuskel gefühlt wird, anzupassen. Danach zu urteilen, was Sizilianer gewöhnlich sagen, ist das Leben bei uns ein Triumph von Solidarität, aber alles in allem sehen wir vor uns nur das Gesetz des Schweigens, der Feigheit und jene Form des Interesses – die einzige, wozu die meisten fähig sind – die der klatschsüchtigen, wenn nicht sogar hinterlistigen Neugier entspricht. Aus einem solchen weit verbreiteten Benehmen muss ein allgemeines gegenseitiges Misstrauen notwendigerweise entstehen. Meine nachfolgende Behauptung hat die empirische Nachprüfung bestanden: kein Mensch ist misstrauischer als der Sizilianer, der im Grunde und mit bewunderungswürdiger Geringschätzung des Wertes der Beziehung Mutter-Sohn weiß, dass er zunächst auf diejenige, die mehr als jeder andere Mensch für den Unglücksfall des Geboren-Werdens – weil die Tatsache, dass es sich dabei um einen Unglücksfall handele, vielen Sizilianern einleuchtend ist – verantwortlich ist, nicht vertrauen soll?

Bedauerlicherweise ist es eine tadelnswürdige Art der Scheinheiligkeit, die veranlasst, sich mit allen gut Freund zu stellen, verbreitet, aber wenn man recht betrachtet, versteht man, dass es nur eine verteidigende, dafür geeignete Maske ist, um dem Nächsten die besten Fallen zu stellen. Außerdem, wenn der Sizilianer sich gegenüber dem, was für von einer Freundschaft weniger entfernt gehalten werden kann, befindet, so macht er ein Recht, worauf er nie verzichten will, geltend, d. h. von einem Freund mehr zu beanspruchen, eben weil er ein Freund ist, ohne sich damit natürlich verpflichtet zu fühlen, dafür etwas zu gewähren. Jede Gewährung ist das Anzeichen für eine Niederlage, denn er zeigt einen Riss im Schild.

Hinsichtlich der frommen religiösen Gefühle der Sizilianer kann man wirklich Gutes sagen: fast niemand glaubt an etwas und noch weniger an Christus, dessen die Sizilianer in jeder seiner Äußerung Feinde sind. Auch die heidnischen Formen der religiösen Frömmigkeit sind die offenkundige Stütze der Eitelkeit der kleinen (oder großen) Mafiosi des Dorfes (aber auch wenn es sich um große Städte wie Catania handelt, spricht man von geschlossenen Ortschaften mit einer für ein Dorf kennzeichnenden Mentalität und moralischen Beschränktheit) und haben mit der oft dem Polytheismus zuschreibbaren Duldsamkeit nichts zu tun. Wer kann sagen, nie den Auseinandersetzungen über die größere Wichtigkeit eines Heiligen im Vergleich zu einem anderen beigewohnt zu haben? Belanglose, das Interesse der Dorfdummköpfe hervorrufende Angelegenheiten, dennoch vom anthropologischen Standpunkt aus sehr aufschlussreich. Daraus geht etwas, das fast veranlasst, für die Sizilianer eine Lanze zu brechen, ohnedies hervor: einen Augenblick lang scheinen sie an eine tragische Auffassung des Lebens, die kennzeichnend für diejenigen ist, die an nichts glauben, zu gelangen, aber sofort danach geben sie wieder dem rohsten Kampf um das Dasein, der fordert, dass man keine geistigen Energien verschwendet, um sich mit gegenständlicheren Dingen zu beschäftigen, nach.

Man setzt sich mit jeder Angelegenheit, sei sie ernst oder witzig, zwar mit Energie auseinander, wenn man daraus einen Vorteil ziehen kann, aber man ist immer von einem auch undeutlichen Pflichtgefühl fern. Zuweilen wird diese Tatsache unglücklicherweise durch auf das Gegenteil zeigende entschlossene Erklärungen und vor allem durch die Vortäuschung eines starken Ehrgefühls verborgen gehalten, die dennoch eine – es ist gewiss allen klar – ganz andere und weit weniger ernste Sache als das Pflichtgefühl ist. Eine kurze Erwähnung verdient auch die legendäre Intelligenz des Inselbewohners: niemand kann sein Spiel mit ihm treiben und besonders, wenn er sich jenseits der Meerenge befindet, versucht er den Nächsten zu beschwindeln, weil, man weiß es, die anderen alle naiv sind. Nun ja, der Sizilianer ist schlau: er verkauft dem ersten Schurken, dem er begegnet, seine eigene Stimme für eine Packung Nudeln oder, auf eine noch schlimmere Weise, für unmöglich zu haltende Versprechen über die Einstellung des Sohnes, der sicher eine seinen beträchtlichen Fähigkeiten angemessene Stellung erlangen wird. Weil alle wissen, dass der Sohn des Sizilianers immer intelligent, besser als die Söhne der anderen ist, auch wenn er ein verkörperter Fehlschlag ist, und das tut nichts als davon zeugen, wie grundlegend für den Sizilianer die Frage der Macht, seiner eigenen, in der Empfängnis ausgedrückten, Macht, ist.

Macht und Recht. Ius omnium in omnia: am Steuer nimmt der Sizilianer alle Rechte für sich in Anspruch; die begriffliche Hypothese des Naturzustandes ist verwirklicht. Der Krieg aller gegen alle tritt auf. Bellum omnium contra omnes: demnach kein Wunder, dass riesige Autos immer mehr verbreitet sind, obwohl es schwierig ist, in unseren verkehrsreichen Städten schnell zu fahren und sich schon mit kleinen Autos zu bewegen; denn man zieht in den Krieg gut bewaffnet und womöglich mit dem Panzer.

Schließlich vor der Glanznummer, die jeder meiner Leser erwartet, ist unerlässlich, die hassenswerte Überzeugung, die den Wert eines Missverständnisses, dem gemäß man sich eines Gefühls nur zu rühmen hat, wenn man es mit keiner Scham zur Schau stellt, sei es Freude, Liebe, Hass oder Verachtung, zu tadeln. Falls ein Junge glaubt, in ein Mädchen verliebt zu sein, muss er ihr den Hals umschlingen, so wie man einen Karton alter, in die Garage zu bringenden Gegenstände umschlingt, weil alle verstehen müssen, dass sie Privateigentum ist, und weil es der Betreffenden klar sein muss, dass sie ein Gegenstand ist. Übergehen wir die Ausdrücke von Verachtung, die das ganze anthropologische Profil des Sizilianers kennzeichnen.

Sprechen wir nun von ernsteren Themen: die sizilianische Frau. Einem Streit zwischen zwei sizilianischen Frauen beiwohnen, ist, wie eine wahre (zirzensische) Vorführung zu genießen. Alles trägt dazu bei, dass er die Umrisse der atavischen biologischen Vererbung annimmt: die grellen, wenn nicht sogar krächzenden Schreie, die lebhafte Gestik, die manchmal darin gipfelt, sich die Haare auszuraufen, die unaufhaltsame Unfeinheit der (kritischen) Bemerkungen, die sie sich gegenseitig an den Kopf werfen, das wagnerische Crescendo, in dem sich die Kampflust der Streitenden bis zu dem verhängnisvollen Zeitpunkt, in dem man so tut, als ob man der Gegnerin etwas, das ihre eigene Tugendhaftigkeit bezweifelt, hat sagen hören – was unvermeidlich zur Folge hat, dass sie die Ehemänner vorbringen, indem sie mit deren Repressalie drohen – verschärft. Keine Ritualisierung des Konfliktes zwischen den betreffenden Exemplaren kann vor sich gehen, denn es handelt sich um ganz hemmungslose und in vollkommener Gewalt der angeborenen, auf die moralische, früher als physische Zerstörung des Feindes zielenden Auslösemechanismen der Tiere.

Gleichwohl ist die sizilianische Frau auch abgesehen von dem Duell mit ihresgleichen ein Schauspiel und erlangt erhabene Gipfel unter den nachfolgenden Umständen: wenn sie zwischen den Ladentischen des Fischmarktes oder Wochenmarktes selbstbewusst und feierlich schreitet, indem sie bedrohend danach fragt, wie viel die Ware kostet, und ihren Willen, diese zu kaufen, nur deshalb verheimlicht, um heimtückisch einen Rabatt zu erhalten. Und wie könnten wir nochmals ihr feierliches Schreiten übergehen, aber diesmal, wenn sie in den heißesten Tagen mit wehenden Kleidchen, die bedauerlicherweise für die strotzende Formen hassenden Männer nicht vieles ihres verdammten Tempels verborgen lassen, prunkt? Und jener Gang mit den nie geschlossenen Beinen, weil das Körpergewicht durch die Kraft ihrer unteren Glieder nicht angemessen getragen wird, den sogar die kleinen Mädchen zur eigenen tadellosen Vorbereitung auf das erwachsene Leben zur Schau tragen können, auch wenn sie noch nicht besonders dick sind (bis zu zwei Tagen vor der Hochzeit oder spätestens bis zur ersten Schwangerschaft)? Außerdem, wie kann man jenen Mangel an Höflichkeit und Anmut von Jugendalter an, jene Knappheit an Geselligkeit, außer wenn sie etwas dafür wollen, jene listige Vortäuschung der Stumpfheit, die einen Vollidioten überzeugen muss, ihnen zu dienen und zu verehren, ertragen? Aber was am meisten die empfindlichen Seelen wie mich verletzt, ist die Verrohung des Gesichtsausdruckes auch in jenen seltenen Fällen, in den wir Züge nicht ohne einigen Anmut vor uns hätten, und die Zurschaustellung einer angenommenen Schönheit beim wohlfeilsten ästhetischen Element – ja das wohlfeilste, weil die Sizilianerinnen, von Natur aus fett, es schnell haben: es ist ausreichend, dass sie unsere verdaulichen Spezialgerichte zügellos fressen – d. h. die großen (und dicken) Brüste. Auch jenes verdammte Benehmen, das sich in einigen Mädchen, vor allem in den weichsten Sprossen, als überaus zärtlich zeigt, aber im Grunde nur eine süßliche, übermäßige, wenn nicht auch teilweise falsche Annäherung an eine Lebensform, die ihnen aber unabwendbar fern steht, ist, darf durch die Härte einer ernsten Kritik nicht verschont werden.

In der Hoffnung, dass die lange und fesselnde Lesung kein Opfer oder Missverständnis (wenn der Leser Zweifel darüber hat, was ich sagen wollte, denke er an die schlimmste Hypothese und damit verlasse er sich darauf, dass er verstanden hat) verursacht hat, hoffe ich nicht nur, dass sie euch von der Bosheit meiner Natur überzeugen kann, sondern vor allem, dass ihr veranlasst werdet, zu sagen: “jener Typ hat eine entsetzliche Beschreibung gemacht, aber genau darum eben: wie wahr!”.

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